CREATIVE STORY

Palazzo del Te

Der ab 1525 entstandene Palazzo del Te gilt als das bekannteste Bauwerk des Manierismus.
Nähert man sich dem Palazzo del Te in Mantuas schmuckloser Vorstadt, so erscheint das ehemalige Lustschloss des Federico II. Gonzaga, Markgraf von Mantua, auf den ersten Blick eher unscheinbar. Von 1525 bis 1535 entstand hier am Rande der Sümpfe bei den gräflichen Stallungen das wohl bekannteste Bauwerk des Manierismus. Dafür und für die bahnbrechenden Wand- und Deckengemälde in den Innenräumen zeichnete der Maler und Architekt Giulio Romano verantwortlich, der talentierteste Schüler des unvergleichlichen Raffael in Rom.

Das als Villa Suburbana konzipierte Gebäude – eine Kombination aus Palast und Villa – umgibt einen rechteckigen Hof, der durch große Bogenöffnungen Ausblicke in den Garten gewährt. Diese Korrelation von Gebäude und Garten war neuartig und diente als Vorbild für zahlreiche nachfolgende Bauwerke. Bekannt wurde das Gebäude aber auch durch den Umgang mit dem klassisch-antiken Formengut, das von Romano mit Widersprüchen und Disharmonien aufgeladen wurde. Anders als Michelangelo, der in seinen Bauten kreativ-schöpferische Abweichungen aufkommen lässt, aber den großen Rahmen nicht verlässt, wird von Romano die Harmonie und Ausgewogenheit bewusst verletzt und der vorgegebene Rahmen der Klassischen Architektur außer Kraft gesetzt.

Die Giebel, Fenster und Nischen gehorchen nicht mehr den harmonischen Vorbildern. Triglyphenplatten rutschen aus dem Gesims heraus, die Portale durchbrechen den Bau bis zum Gurtgesims. Es entsteht eine seltsame Spannung, welche durch das plumpe Hervortreten des Schlusssteins noch zusätzlich betont wird. Diese und zahlreiche andere Verstöße mögen beim gebildeten Betrachter (der die antiken Regeln kennt) Erheiterung erzeugen; beim ungeübten Betrachter wird sich jedoch ein diffuses Unbehagen einstellen über die entstandene Disharmonie.

Giulio Romano führt hier vor, das Formen – wenn man sie willkürlich nutzt und ihrem überkommenen Platz entreißt – ihre Eleganz verlieren und zu einer hohlen Phrase verkommen. Ungeachtet der offensichtlichen Effekthascherei, die wohl der Position des Auftraggebers und der Funktion des Gebäudes geschuldet war, ist der Palazzo del Te wie auch die Altstadt von Mantua absolut sehenswert und Pflichtprogramm für alle Architektur- und Kunstinteressierten.

Palazzo del Te – Mantua, Italien | Projekt-Reportage | Architekturfotografie © Alexander Brüll, 2022